Seit einigen Jahren wird medial regelmässig die Überlastung der Schweizer Justiz kolportiert. Dabei stehen jeweils die Staatsanwaltschaften und die Strafgerichte, bei denen besonders viele Fälle hängig sind, im Fokus. Nicht zuletzt findet in diesem Zusammenhang immer wieder die Zürcher Staatsanwaltschaft Erwähnung. Diese ist unter anderem für die Untersuchung von Straftaten in der Stadt Zürich zuständig. Dass dabei einiges an Arbeit anfällt, überrascht kaum.
Nun muss leider aber festgestellt werden, dass sich die weitverbreitete und langzeitige Untätigkeit rechtsanwendender und -sprechender Instanzen im Kanton Zürich nicht bloss auf Staatsanwaltschaft und Strafgerichte beschränkt, sondern auch im Verwaltungsverfahren Einzug hält.
Als Bewohner der Gemeinde Küsnacht habe ich in drei verschiedenen Geschäften einmal eine Aufsichtsbeschwerde und zweimal einen Stimmrechtsrekurs anhängig gemacht. Die angerufene Instanz meiner Aufsichtsbeschwerde ist der Regierungsrat des Kantons Zürich, diejenige meiner beiden Stimmrechtsrekurse der Bezirksrat Meilen.
In jedem dieser Verfahren warte ich seit völlig unverhältnismässiger Dauer auf die Behandlung meiner Anträge. Dass dies in einem Rechtsstaat möglich und für die Entscheidinstanzen offenbar problemlos vertretbar sein soll, ist haarsträubend.
Aufsichtsbeschwerde: Jahrelange Untätigkeit
Im Rahmen meiner Aufsichtsbeschwerde gegen die Statthalterin des Bezirks Meilen beanstandete ich, dass diese für die Bearbeitung superprovisorischer Anträge meinerseits zwölf Tage benötigte, um einen Entscheid zu fällen. Man muss kein Jurist sein, um zu wissen, dass superprovisorische Massnahmen stets extreme zeitliche Dringlichkeit voraussetzen.
Die Statthalterin des Bezirks Meilen erachtete eine Bearbeitung innert zwölf Tagen als „umgehend“. Dass dies – gerade, wenn superprovisorischen Massnahmen zur Debatte stehen – eine inakzeptable (weil offensichtlich viel zu lange) Zeitdauer darstellt, liegt auf der Hand. Deswegen habe ich mich Anfang Juli 2024 entschlossen, eine Beschwerde bei der Aufsichtsinstanz der Statthalterin, dem Zürcher Regierungsrat, anhängig zu machen. Der Eingang meiner Beschwerde wurde mir Mitte Juli 2024 bestätigt. Mitte August 2024 ging die Stellungnahme der Gegenseite bei der Entscheidinstanz ein. Seit dann herrscht Stille: Die angerufene Instanz liess sich nie mehr vernehmen – von einem Entscheid ganz zu schweigen!
Mein Geduldsfaden riss mehr als ein Jahr später. Mit Eingabe vom Oktober 2025 wies ich die Entscheidinstanz darauf hin, dass eine solche Verfahrensführung nicht rechtens ist und eine Verletzung meiner verfassungsmässigen Verfahrensrechte bedeutet. Eine Antwort auf dieses Schreiben steht aus.
Trotz den mehreren zehntausend Angestellten schaffen es unsere Kantonsregierung und die ihr untergeordnete Verwaltung nicht, meine fünfseitige Beschwerde vom Juli 2024 innerhalb angemessener Frist zu behandeln. Im von mir initiierten Verfahren vermochte der Regierungsrat bisher auf jeden Fall nur mit gähnender Untätigkeit zu glänzen.
Stimmrechtsrekurse: Die Verfahren stehen still, Anträge werden umgedeutet
Im Sommer 2025 sah ich mich gezwungen, mich im Rahmen zweier Abstimmungen mit zwei Stimmrechtsrekursen in der Gemeinde Küsnacht an den Bezirksrat Meilen zu wenden.
Beim ersten Stimmrechtsrekurs ging es um eine Abstimmung der Küsnachter Gemeindeversammlung, an welcher der Gemeindepräsident einen von mir als Einwohner der Gemeinde Küsnacht gestellten Antrag zu einem Sachgeschäft ohne stichhaltige Begründung nicht zur Abstimmung brachte. Damit verletzte er meine verfassungsmässig garantieren politischen Rechte genauso wie das Gleichbehandlungsgebot. Wenig überraschend erhob ich gegen dieses Gebaren des Gemeindeversammlungspräsidenten Rekurs. Die Frist dafür beträgt lediglich fünf (!) Tage.
In diesem Verfahren wurden zwei Schriftenwechsel durchgeführt. Die letzte Eingabe erfolgte ungefähr einen Monat nach meinem Rekurs. Seit dann sind bis heute weitere drei Monate vergangen, in denen schlichtweg nichts passiert ist. Nachdem ich den Bezirksrat Meilen Ende Oktober 2025 aufforderte, endlich einen Entscheid zu erlassen, antwortete mir dieser, aufgrund akuter Arbeitsüberlastung gerade keinen solchen ausfertigen zu können! Mit anderen Worten: Der Bezirksrat Meilen plant, die Sache mit einer fadenscheinigen Begründung auf unbestimmte Dauer liegen zu lassen. Wie sich das mit dem verfassungsmässigen Beschleunigungsgebot vertragen soll, ist unerklärlich!
Beim zweiten Stimmrechtsrekurs ging es darum, dass mich die Gemeinde Küsnacht in Abstimmungsunterlagen zur Urnenabstimmung zu einer von mir erhobenen Initiative diffamierte und darin auch objektiv falsche Angaben zur Initiative machte. Mehr als einen Monat vor der Abstimmung im September 2025, erhob ich im August 2025 Rekurs. Daraufhin masste sich die Rekursinstanz an, meinen Antrag, sie habe möglichst vor der Durchführung der Abstimmung über meinen Rekurs zu entscheiden, zu einem superprovisorischen Antrag auf Annullierung der Abstimmung umzudeuten. Woher sie sich diese Kompetenz nahm, weiss nur sie. Selbstverständlich wurde der (von der Rekursinstanz freilich erfundene-) Antrag auf superprovisorische Massnahmen abgewiesen.
Vor der Abstimmung Ende September 2025 über meinen Rekurs entschieden hat der Bezirksrat Meilen ebenfalls nicht. Er scheint der Ansicht zu sein, nichts zu tun stehe ihm besser.
Fazit
Die beschriebenen Beispiele zeigen: Alle drei Fälle stehen (oder standen) still.
Die Aufsichtsbeschwerde wird seit mehr als einem Jahr nicht bearbeitet.
Die beiden Stimmrechtsrekurse werden respektive wurden auf die lange Bank geschoben, obwohl der Bezirksrat den Beteiligten jeweils gesetzliche Fristen von gerade einmal fünf Tagen setzt respektive setzen muss.
Dies ist umso stossender, wenn man sich vergegenwärtigt, dass gerade bei meinem Stimmrechtsrekurs v o r der Urnenabstimmung genügend Zeit dafür bestanden hätte, die Sache vor der Durchführung der Abstimmung zu entscheiden und die Abstimmungsunterlagen korrigieren zu lassen.
Gleiches gilt für den Stimmrechtsrekurs zum Geschäft der Gemeindeversammlung: Unterdessen hat der Gemeinderat die Traktanden der nächsten Gemeindeversammlung im Dezember 2025 beschlossen und es wird – sollte der Bezirksrat doch noch in den nächsten Tagen zu einem Entscheid kommen – rein formell nicht mehr möglich sein, das Geschäft (nochmals) wieder an der Dezember-Gemeindeversammlung zu traktandieren!
- Im Kanton Zürich scheint man als Beschwerde- oder Rekursinstanz Rekurse und Beschwerden unbehandelt liegen lassen zu können!
- Bei Beschwerden an die vorgesetzte Stelle und die Rekursinstanz (Direktion der Justiz und des Innern von RR Jacqueline Fehr, SP, in Vertretung des Regierungsrats) lässt auch diese Stelle eine Beschwerde offensichtlich unbehandelt über ein Jahr liegen!