Datensicherheitsvorfall bei der Direktion der Justiz und des Innern, JI: Staatsanwaltschaft stellt Verfahren ein

Rechtsgrundlage für die Zürcher Staatsanwaltschaften sind die Eidgenössische Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0), das kantonale Gesetz über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess (GOG, 211.1) und die Verordnung über die Organisation der Oberstaatsanwaltschaft und der Staatsanwaltschaften (GOG.V, 213.21).

Die Oberstaatsanwaltschaft (OSTA) steht den Staatsanwaltschaften des Kantons Zürich vor. Die Staatsanwaltschaft figuriert u. a. als Anklägerin des Staates und verfügt auch über beschränkte Strafkompetenz. Sie ist der Justizdirektion von Regierungsrätin Jacqueline Fehr (SP) personell unterstellt. Die Justizdirektion hat beschränkt administrative aber keine materielle (juristische) Weisungskompetenz gegenüber der Staatsanwaltschaft.

Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich hat Ihre Strafuntersuchung im Zusammenhang mit einem Ende 2022 aufgedeckten Datensicherheitsfall in der JI  abgeschlossen. Die untersuchten Vorwürfe liessen sich keiner Person zurechnen oder waren bereits verjährt, weshalb das Verfahren eingestellt wurde.

An einer Berufungsverhandlung vor Obergericht am 4.11.22 hatte ein Beschuldigter Informationen an Medienschaffende und Behördenvertreter abgegeben, welche möglicherweise sensible Daten enthielten. An diese Daten soll er vor Jahren über seinen Bruder gelangt sein, der damals im Auftrag der Informatikabteilung der JI Computer und andere Datenträger zur Entsorgung oder fachgerechten Löschung übergeben erhalten habe. Die OSTA hatte in der Folge die STA III des Kt. Zürich beauftragt, die fragliche Datenentsorgung einer vertieften strafrechtlichen Prüfung zu unterziehen. Gegenstand der dann von der STA III geführten Strafuntersuchung bildeten Vorgänge im Zusammenhang mt der Frage, ob im Zeitraum 2000 bis 2014 vertrauliche Daten durch die unsachgemässe Handhabung seitens der Informatikabteilung der JI bzw. von ihr beauftragter Personen in Umlauf geraten sind (siehe Medienmitteilung vom 6.12.22). Fehlende Zurechenbarkeit auf bestimmte Personen: Die STA II hat diese Strafuntersuchung nun eingestellt. Auffällige tatbestandsmässige Handlungen liessen sich trotz aufwändiger Ermittlungen weder innerhalb der Direktion JI noch ausserhalb einer bestimmten Person zurechnen. Teilweise waren allfällige zu untersuchende Vorwürfe bereits verjährt. Koordination mit Arbeit der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK): Die politische und administrative Aufarbeitung des Datensicherheitsvorfalles ist Gegenstand einer PUK, die 2023 vom Kantonsrat eingesetzt wurde. Die umfangreichen Erkenntnisse aus der Strafuntersuchung wurden der PUK zur Verfügung gestellt.  

Der Einstellungsverfügung ist noch nicht Rechtskraft erwachsen. Die Staatsanwaltschaft gibt über den Inhalt der vorliegenden Medienmitteilung hinaus derzeit keine weiteren Informationen bekannt“

(Auszug aus der Medienmitteilung der OSTA vom 12.9.2025).

Kommentar Die Tribüne

  • Eine grosse Zahl von Datenträgern mit hochsensiblen Daten aus der Justizverwaltung, welche zur Entsorgung vorgesehen waren, fielen offenbar in den Jahren 2000 – 2014 (Amtszeit von Justizdirektor Notter, SP) in falsche Hände. Mehrere Jahre später (am 19.12.22) wurden Datenträger und Akten (in mehreren Koffern und Kisten) den Behörden anlässlich einer Kantonsratssitzung übergeben. Darüber schweigt die OSTA in der vorliegenden Medienmitteilung! Warum?
  • Warum untersuchte die der JI personell unterstellte Staatsanwaltschaft u. a. ihre vorgesetzte Behörde? Warum wurde nicht, wie schon bei viel unwichtigeren Vorfällen fast Usus, ein ausserkantonales, ausserordentliches Untersuchungsorgan eingesetzt? Anzeichen einer Bananenrepublik?
  • Warum stellt die OSTA genau jetzt, mit offensichtlich fadenscheinigen Argumenten, die Untersuchung ein? Ist der Besitz von Datenträgern und Akten aus der Justizverwaltung durch Dritte nicht strafbar, waren diese doch bis 2022 im Besitz Dritter?! Der entsprechende Strafbestand dürfte nicht verjährt sein!
  • Wurde die Untersuchung aus taktischen Gründen zum heutigen Zeitpunkt durch die OSTA eingestellt, da zu vermuten ist/war, die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) würde in absehbarer Zukunft (noch im Herbst 2025?) ihren (Schluss-) Bericht abliefern? Die Debatte im Kantonsrat zum PUK Bericht hätte wohl im Kalenderjahr 2026 stattgefunden. Aufgrund der durch die OSTA an die PUK gelieferten (neuen) Aktenberge ist davon auszugehen, dass die PUK diese Akten, falls sie seriös gearbeitet hat und arbeitet, auch noch sichten muss und sich dadurch ihr Bericht um weitere Monate, wenn nicht sogar eine Jahr, verzögert.
  • Ist die Zürcher OSTA faktisch überhaupt unabhängig? Siehe u. a.  auch Die Tribüne zum Fall USZ/Maisano vom 15.5.2025: https://www.die-tribuene.ch/erneute-absichtliche-fehlende-transparenz-in-der-justizdirektion-von-regierungsraetin-jacqueline-fehr-sp/)?