Unter dem Titel „NZZ gewinnt Rechtsstreit um Einschränkungen der Medienfreiheit“ berichtet der Journalist Zeno Geisseler in der NZZ vom 2.4.2024 über einen durch die NZZ vor dem Obergericht des Kantons Zürich (OG) gewonnen Beschwerdefall gegen das Bezirksgericht Zürich (BG) wegen die Presse einschränkender Auflagen.

Das BG Zürich hatte den Journalisten Auflagen zur Berichterstattung eines vermuteten Missbrauchsfalles gemacht: den Journalisten wurde verboten, Angaben zur Religion des Angeklagten (der Fall spielte sich in der jüdisch orthodoxen Gemeinde in Zürich am Sabbat ab) zu machen. Die Pressefreiheit wurde damit stark eingeschränkt.

Das OG stützt nun die Beschwerde der Zeitung gegen die Verfügung des BG, der Beschluss des OG ist rechtskräftig. Dagegen ist das Urteil des BG im zugrunde liegenden Fall noch nicht rechtskräftig; das BG sprach den Beschuldigten nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ frei. Die Staatsanwaltschaft hat Berufung angemeldet.

Leider nennt Journalist Geisseler weder den Namen der Staatsanwältin, noch die Namen der Richter am BG und am OG.

Warum die Zürcher Presse (NZZ, Tagi und Lokalzeitungen) oftmals die Namen der mit den Fällen bedachten Staatsanwälten und Richter nicht nennt, ist unverständlich – ja diese (Selbst-) Zensur widerspricht den Interessen der Öffentlichkeit und der Stimmbürger.

Damit wird praktisch ausgeschlossen, dass Richter und Staatsanwälte mit speziellen Urteilsfindungen oder Anklageschriften (und davon gibt es leider auch im Kanton Zürich die eine oder andere Person) der Öffentlichkeit und den Stimmbürgern bekannt werden, damit diese anlässlich der nächsten Wahlen ihre Schlüsse ziehen können. Letztes Beispiel dafür ist der Fall Vinzenz, wo sogar die Staatsanwaltschaft eine externe Expertise zur Anklageschrift von Staatsanwalt Marc Jean-Richard-dit-Bressel in Auftrag gab.

Journalist Geisseler – und dafür sei ihm Dank – weist auch auf eine immer stärkere Zensur in unserem Land und eine sonderbares Rechtsverständnis gewisser Politiker in Bern hin:

Zitat Z. Geisseler in der NZZ vom 2.4.24: Nicht nur in autoritären Staaten, sondern auch in der Schweiz sind die Medien unter Druck. Der Medienwissenschafter Vinzenz Wyss etwa sagte in einem Interview in der NZZ am Sonntag, manche hätten das Gefühl, man müsse „die Medien ein bisschen mehr an die Kandare nehmen“. Unter Fachleuten hat ein kurz vor Weihnachten gefällter Entscheid des Ständerates für Aufsehen gesorgt. Die Kammer hiess einen Antrag des FDP-Chefs Thierry Burkart gut, wonach nur schon das Betrachten von illegal erworbenen Daten unter Strafe gestellt werden soll. Dies gefährdet die Medienfreiheit. Wird die Regel umgesetzt . das Geschäft liegt beim Bundesrat -, dürften Journalisten nur noch Informationen konsultieren, welche der Staat, die Wirtschaft oder andere Akteure ihnen offiziell zur Verfügung gestellt haben. Ende Zitat

Der vom Ständerat angenommene Antrag des „liberalen“ FDP Ständerates und Parteipräsidenten, Rechtsanwalt Thierry Burkart, zum neuen Datenschutzgesetz ist extrem gefährlich für das Weiterbestehen der (leider schon heute eingeschränkten) Pressefreiheit in unserem Land! Der Bundesrat hat sich dazu noch nicht geäussert.

In einem zweiten Fall, nach einem Schlichtungsverfahren zwischen dem Tagesanzeiger und der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA), geführt durch den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsberater, Adrian Lobsiger, hat die AB-BA auf ihrer Webseite die Namen der durch sie eingesetzten Sonderermittler des Bundes (3 ausserordentliche Staatsanwältinnen  und 17 ausserordentliche Staatsanwälte) publiziert. Ein weiterer, kleiner Erfolg für die Informationsfreiheit in der Schweiz.

Für das Fortbestehen der eingeschränkten Informationsfreiheit in unserem Kanton wäre es enorm wichtig, wenn auch die Journalisten im Kanton Zürich, insbesondere die für die beiden grossen Medienkonzerne Tamedia und NZZ sowie die Staatsmedien (DRS und SRF) arbeitenden Journalisten und Journalistinnen, generell Namen von urteilssprechenden Richtern und Staatsanwälten (betreffend Strafbefehle und Anklageschriften) nennen würden.