Unter dem Titel „Suizid und Selbstverletzung Zwei Tote innerhalb eines Monats: Was ist in diesem Zürcher Gefängnis los?“ schreibt David Sarasin im Tagesanzeiger-Online vom 11.6.2025, 11.24 Uhr, einen langen, reisserischen Artikel.
Auszüge aus dem Aufsatz von Sarasin: „Im Ausschaffungsgefängnis in Kloten herrscht grosse Unruhe. Ein Inhaftierter erzählt dem Tagesanzeiger Journalisten von den schwierigen Haftbedingungen – gegen die sich über Facebook-Chats Protest formiert…Ein 22-jähriger Algerier ist vor zwei Wochen leblos in seiner Zelle aufgefunden worden. Dies gab die Zürcher Justizdirektion in einer Meldung bekannt. Eine Dritteinwirkung könne ausgeschlossen werden, heisst es in der knappen Meldung weiter. Kahlil Charaf sitzt ebenfalls in dem grauen, klotzigen Bau beim Flughafen ein. Er habe den 22-Jährigen flüchtig gekannt, sagt er im Gespräch im schmucklosen Besucherraum des Ausschaffungsgefängnisses, das offiziell Zentrum für ausländerrechtliche Administrativhaft (ZAA) heisst. Sieben Tage vor seinem Tod sei der junge Mann in einen Hungerstreik getreten. Sicherheitscheck wie am Flughafen: Wer in das ZAA rein will, muss zuerst zwei grosse Gittertore und einen Sicherheitscheck ähnlich dem am Flughafen passieren. Auch braucht er die Einwilligung für einen Besuch. K. Ch. hat zugestimmt, mit dieser Redaktion zu sprechen weil er die Zustände im ZAA als „katastrophal“ empfindet. Die Anzeichen, dass derzeit im ZAA eine angespannte Stimmung vorherrscht, verdichten sich im verlauf des Gesprächs mit Ch. zunehmend. Der 29-jährige Libyer sitzt seit zwei Monaten im ZAA in Haft. Grund: fehlende Aufenthaltsbewilligung, Landesverweis wegen Diebstahls….Überprüfbar sind seine Angaben nicht (Ende Zitatauszüge aus dem Tagesanzeiger-Online).
Sarasin publiziert im Tagesanzeiger- Online Bilder von einem Hungerstreik und von „vielen“ Inhaftierten, welche sich am Abend vor Auffahrt geweigert hätten, rechtzeitig in die Zelle zurück zu kehren. Dies Bilder seien in den sozialen Medien aufgetaucht.
Fakt ist: Die Bilder stammen aus einer Instragram-Webseite mit dem Titel gegen_lager Zürich, Switzerland, WIDERSTAND IM AUSSCHAFFUNGSGEFÄNGNIS ZÜRICH.
Sarasin gibt daraus mehr oder weniger kommentarlos 5 Internet-Seiten wieder, welche u. a. streikende Inhaftierte mit selbstgefertigten Plakaten zeigen.
Schürt Sarasin gezielt die Stimmung im ZAA und in der Öffentlichkeit?
So lässt er auch – ohne Nennung von deren Namen und Tätigkeit – sogenannte „Expertinnen und Experten“ zu Wort kommen.
Und zu Wort kommt auch Elena Liechti, Juristin beim Verein AsyLex, welche die ausländerrechtliche Administrativhaft erläutert.
Laptops in den Zimmern, Vernetzung über Facebook
Seit 2024 seien in den Zimmern der Insassen im ZAA Laptops installiert. Gestützt auf einen Bundesgerichtsentscheid hat dies das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung (Juwe) von Regierungsrätin Jacqueline Fehr, SP, vorgenommen.
K. Ch. berichtet im Artikel von Sarasin, „dass die Insassen über Facebook-Chats miteinander kommunizieren. Ein Sitzstreik vor zwei Wochen, der auf mehreren Stockwerken stattgefunden hat, sei nur möglich gewesen, weil sehr viele der Insassen miteinander in Verbindung gestanden hätten. Das Gleiche gelte für die koordinierte Aktion mit den Transparenten“ (Ende Zitat Tagesanzeiger).
Einfluss von aussen
Sarasin berichtet, Aktivistengruppen wie das „Aktionsbündnis gegen unmenschliche Ausschaffungshaft Zürich“ stehe mit den Insassen in direktem Kontakt. Mehrere Hundert Personen hätten am Freitag nach Auffahrt vor den Büros der Justizdirektion des Kantons Zürich gegen die „gefährliche Zuspitzung“ im ZAA demonstriert. Grund für die „gefährliche Zuspitzung“ sei gemäss K. Ch. fehlende rechtliche Vertretung. Liechti erklärt, dass die Rechtsvertretung in Administrativhaft nicht „per se gewährleistet sei“.
Höhepunkt im Artikel von Sarasin ist die Feststellung, K. Ch. habe in den zwei Monaten, in denen er in Haft ist, noch keine Rechtsvertretung gefunden. „Er habe bisher noch niemanden erreicht“…
SRF Podcast: „Was ist im Zürcher Ausschaffungsgefängnis los?“
Auch das Staatsradio SRF berichtet in einem Podcast vom 11.6.25, 17.30 Uhr, von den Vorfällen: Zwei Todesfälle (werden von der Staatsanwaltschaft untersucht), es haben Suizidversuche und ein Hungerstreik im Ausschaffungsgefängnis am Flughafen Zürich Kloten stattgefunden. Zellen seien angezündet worden. Zusammen mit einem „Bündnis von Aktivistinnen und Aktivisten“ hätten Einsitzende einen „Offenen Brief“ an die Behörden mit verschiedenen Forderungen veröffentlicht. Eine Vertreterin eines „Aktivistenbündnisses“, Valeria Godoi, kommt zu Wort. Es wird vom „Bündnis“ u. a. „professionelle“, psychiatrische Betreuung gefordert, obwohl es gemäss Migrationsamt drei Mal pro Woche eine psychiatrische Sprechstunde stattfindet und auf Anforderung zusätzlich Psychiater beigezogen werden könnten. Seelsorger kämen auch regelmässig vorbei und eine „Isolationszelle“ gebe es nicht, nur Hafträume mit besonders gesicherten Fenstern. welche gebraucht würden, wenn Einsitzende sich und andere gefährden könnten.
Das SEM und das Migrationsamt des Kantons Zürich nehmen Stellung: Die maximale Haftdauer von 18 Monaten entspricht dem Bundesrecht, gemäss SEM betrug diese in den letzten drei Jahren pro Person 22 Tage!
Fazit
Die Todesfälle im ZAA werden von der Staatsanwaltschaft untersucht. Gemäss Information der Tribüne befasst sich auch die Geschäftsprüfungskommission des Kantonsrats mit den Vorfällen im ZAA.
Offensichtlich wurde vom Tagesanzeiger sehr reisserisch und nicht dem Pressecodex entsprechend, unausgewogen (u. a. Wiedergabe von Webseiten einer aktivistischen Vereinigung) berichtet. Und Sarasin lässt auch weder das SEM noch das Migrationsamt des Kantons Zürich in seinem Aufsatz zu Worte kommen, nur eine Stellungnahme Juwe zu den Laptops zitiert er.
Durch das „zu Wort kommen“ eines anonymen „Aktivistenbündnisses“ im SRF Podcast hat das Staatsradio leider zu den Vorfällen im ZAA auch nicht vollständig dem Pressecodex und publizistischen Grundsätzen entsprechend berichtet.
Schade! Beide Medien kommen in den Genuss von Steuergeldern!